Die Bundesregierung will mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften begegnen. Doch es bleiben Fragen offen.
Zur Überwindung des Fachkräftemangels gehört einerseits die Erschließung inländischer Potenziale: Aus- und Weiterbildung in Betrieben, Erwerbsarbeit von Frauen, Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete, verstärkte Berufsorientierung und mehr. Andererseits erhoffen sich viele Unternehmen verstärkte Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften aus Nicht-EU-Staaten. Das Bundeskabinett hat Ende März 2023 den Entwurf eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes verabschiedet. Es schafft neue Wege der Einwanderung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und Arbeitssuche.
Dazu gehört die Anerkennungspartnerschaft. Unternehmen können Fachkräfte mit im Ausland erworbener Berufsqualifikation schneller nach Deutschland holen und beschäftigen. Im Gegenzug verpflichten sich Betrieb und Fachkraft, das Verfahren zur Anerkennung der Qualifikation in Deutschland berufsbegleitend nachzuholen.
Ergänzend wird dies durch die Chancenkarte. Sie zielt auf Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten, die noch keinen Arbeitgeber in Deutschland gefunden haben. Wer genau zur Suche eines Arbeitsplatzes nach Deutschland einreisen darf, entscheidet sich anhand eines Punktesystems. Es richtet sich nach Lebensalter, Qualifikation, Berufserfahrung, Sprachkenntnissen, Deutschlandbezug und mehr.
Das Gesetz schafft Impulse – doch der Mittelstand hatte mehr erhofft.
Beide Wege sind sinnvoll, dürfen aber in ihrer Wirkung nicht überschätzt werden. Durch die Anerkennungspartnerschaft können Unternehmen zwar Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten leichter und schneller beschäftigten. Doch sie übernehmen gleichzeitig gewisse Risiken, zum Beispiel den Ausgang des Anerkennungsverfahrens. Die Chancenkarte sorgt zwar für zusätzliche Bewerber*innen. Die Hürden sind jedoch hoch. Das System ist für Fachkräfte aus dem Ausland schwer durchschaubar und damit wenig attraktiv.
Wichtig für den Mittelstand wäre gewesen, dass das Gesetz Menschen mit ausgeprägter Berufserfahrung den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt eröffnet. Besonders gilt dies, wenn sie über keinen Hochschul- oder Berufsabschluss verfügen. Da das deutsche Ausbildungssystem im Ausland weitgehend unbekannt ist, bleiben Angehörige vieler Staaten von der Einwanderung bisher ausgeschlossen. Das neue Gesetz wird daran wohl kaum etwas ändern.
Insgesamt müsste sich das Fachkräfteeinwanderungsgesetz im internationalen Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Arbeitskräfte bewähren. Das kann nur gelingen, wenn es leicht verständlich, im Ergebnis vorhersehbar und unbürokratisch ist. Die Ausgestaltung im weiteren Gesetzgebungsverfahren sollte sich daran orientieren.
Kontakt:
Carsten Hübscher
Beauftragter des Vorstandes für Projektentwicklung
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